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Theorie und Praxis
VorbemerkungDie BegriffeTheoriePraxisTheorie und PraxisTheorie versus PraxisBefähigungAllgemeingültigkeitGute PraxisErwartungshaltungRealisierungKritikFazitMindmap
Was gilt eigentlich: Theorie und Praxis oder Theorie versus Praxis?
Vieles ist strittig zwischen rationalen Vorstellungen, z.B. in der Wissenschaft, und den Handlungen in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Nehmen wir als Beispiel das Streben nach sozialem Ausgleich versus Arbeitsplatzverlust wegen technologischem Fortschritt. Gerade hier wird die notwendige Interessenabwägung deutlich.
Oder anders ausgedrückt: Wie viel Theorie braucht die Praxis bzw. wie viel Praxis braucht die Theorie, um eine erfolgreiche Abwägung unterschiedlicher Interessen vornehmen zu können?
Darunter versteht man ein
System wissenschaftlich begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der ihnen zugrunde liegenden Gesetzlichkeiten Quell: DUDEN - Rechtschreibung Online, URL.: https://www.duden.de/rechtschreibung/Theorie [2022-10-18]
Weitere Bedeutung sind:
rein begriffliche, abstrakte [nicht praxisorientierte oder -bezogene] Betrachtung[sweise], Erfassung von etwas
wirklichkeitsfremde Vorstellung; bloße Vermutung.
Darunter versteht man
Aufführung, Anwendung von Gedanken, Vorstellungen, Theorien o. Ä. in der Wirklichkeit. Quelle: DUDEN - Rechtschreibung Online, URL.: https://www.duden.de/rechtschreibung/Praxis [2022-10-18]
Weitere Bedeutungen sind:
bestimmte Art und Weise, etwas zu tun, zu handhaben
Erfahrung, die durch eine bestimmte praktische Tätigkeit gewonnen wird.
Die Erkenntnis bezogene Handlung wird in vielen Bereichen als anerkannte Handlungsform bevorzugt: duale Ausbildung, angewandte Wissenschaft.
Der Versuch, theoretische Erkenntnisse in die Realität umzusetzen, ist prinzipiell als notwendig bestätigt. Darauf deutet schon hin, dass wissenschaftliche Arbeitstechniken, z.B. die Nutzung einer Bibliothek, schon sehr früh in der menschlichen Sozialisation vermittelt werden.
Das alleine rechtfertigt allerdings eben nicht die These, dass sich jede Gesellschaftsform als Folge weniger Fehler behaftet entwickelt.
In Fällen als fehlerhaft erkannter Entwicklungstendenzen spricht man beispielsweise von einer Schere: zwischen arm und reich.
Eine Gesellschaft ist eben keine nur rational handelnde Gemeinschaft. Neben der Kritik an gesellschaftlichen Zuständen bedarf allerdings auch der Teilbereich einer kritischen Distanz, der sich speziell mit der Gewinnung von Erkenntnissen befasst: also z.B. die Wissenschaft durch eine Wissenschaftskritik.
Aufgabe der Wissenschaft ist, immer wieder Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Kritisch zu betrachten ist dabei, welche Fragen gestellt und in welcher Form Antworten ermittelt werden.
In den letzten Jahren mehren sich die Stimmen - auch aus der Wissenschaft -, die vor sogenannter Fake Science warnen.
Folgende Überlegungen sind hier sinnvoll:
1. Ist das theoretische Wissen immer eine Voraussetzung für eine praktische Handlung (Befähigung)?
2. Lässt sich Praxiswissen generalisieren (Allgemeingültigkeit)?
Für etliche Berufe sind die in einer bestimmten Art und Weise erworbenen Kompetenzen eine Voraussetzung für die Berufsausübung (Befähigung).
In manchen Bereichen werden praktische Vorgehensweisen für allgemeingültig erklärt (Best practice).
Nicht immer ist es ratsam, eine beste Lösung anzustreben, weil dies zum Beispiel zu zeit- oder kostenaufwendig ist.
Die Verwissenschaftlichung ist sicherlich seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland national, aber darüber hinaus auch international, stark angestiegen.
Was auf der einen Seite ein gesellschaftlicher Bildungserfolg zu sein scheint, wird auf der anderen Seite als überzogene Haltung insbesondere der jungen Generation beschrieben, mehr auf akademische Abschlüsse zu setzen.
Die von dem politischen System eingeleitete Bildungsreform ist ein Beispiel für eine falsche Erwartungshaltung. Dies gilt jedoch nicht nur für das Bildungssystem. Obwohl also rationales Denken und Handeln heute eher Voraussetzung für das Handeln sind, steigen auf der anderen Seite irrationale Sichtweisen auf die Realität: z.B. eine Radikalisierung.
Der Prozess Erkenntnis begründeter Handlung ist typisch wie folgt gekennzeichnet:
Erkenntnisse ermitteln: forschen, entwickeln, Wissen generieren
Erkenntnisse prüfen: Thesen beweisen, Testreihen, Theorien verifizieren
Umsetzungsmöglichkeiten ermitteln
Realisierung
Dieser Handlungskreislauf wird demzufolge immer auszuführen sein, wenn sich die Erkenntnislage verändert.
Die Kritik an der Praxis zeigt sich am Besten anhand der Systemkritiken:
- politisches System
Klage über unrealistische Erwartungshaltungen
Aufforderung an das politische System
zeitgerechter und rationaler zu Handeln
zur Reformfähigkeit (eDemokratie, Wahlrechtsreform, Rückzug)
- wirtschaftliches System
Klage über falsche wirtschaftliche Betätigung (Preise, Produkte, Machtmissbrauch)
Aufforderung zur rational begründeten Kapitalismuskritik
- gesellschaftliches System
Klage über Fehlentwicklung (Digitalisierung, Arbeit, Einkommen, Leben)
Aufforderung zur (besseren) sozialen Gestaltung des Gemeinwesens
Das Theorie-Praxis-Verhältnis ist grundsätzlich heute als schwierig zu bezeichnen. Einerseits, weil es viele sogenannte falsche Theorien, falsche Wissenschaftlichkeit (fake science) und falsche Nachrichten, Informationen etc. (fake news) gibt. Andererseits, entsteht im Internet eine Gegenbewegung, die diesen Umstand durch eigene Darstellungen nutzt, um darauf aufmerksam zu machen.
Bleibt man in der rein fachlichen Logik, werden best practice Verfahren angewandt. Nimmt man beispielsweise rein sozial-wissenschaftliche Themen sieht es kritischer aus. Hier gibt es keine best practice, sondern in vielen Fällen nur die reine Anerkennung des logischen Denkens.
Die Einflussnahme auf menschliches Denken und Handeln ist groß. Um so bewusster müssen wir die Fähigkeit zum kritischen Denken fördern. Dazu gehört sicherlich auch, der Informationsflut durch Reduktion zu begegnen.
Das Prinzip Verantwortung gilt auch hier, nämlich sowohl für einen Autor vor der Veröffentlichung wie auch für den Nutzer im Sinne von Überprüfung. Wie heißt es doch im Volksmund: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Wolfgang Kirk
Veröffentlicht: 2022-10-22 aktualisiert: 2024-09-07, 09:00 Uhr